Gemeinde Kals am Gro�glockner


Mut zur Baukultur

Symbiose von Alt und Neu

In Kals stand die Bildung eines Ortszentrums im Mitt elpunkt der baukulturellen Prozesse der letzten fünfzehn Jahre. Bemerkenswert ist die Absicht der Gemeinde, das Angebot an kommunaler Versorgung von Beginn an mit hohen baukulturellen Ansprüchen zu verknüpfen.

Gemeindezentrum Haus "deCalce" mit Innenraumbeleuchtung bei Abendstimmung
Gemeindezentrum Haus "deCalce"

1996 schrieb die Gemeinde Kals in Kooperation mit der Abteilung Dorferneuerung des Landes Tirol einen Architekturwettbewerb zur Neugestaltung des Ortszentrums in Ködnitz aus. Schneider & Lengauer überzeugten die Jury mit einem an den bestehenden Gebäuden (Pfarrkirche und Widum) Maß nehmenden und das umgebende Bergpanorama mit einbeziehenden Gesamtkonzept. Seither begleitet das Architektenteam die baukulturelle Entwicklung der Alpengemeinde und hat das Ortszentrum bis 2013 mit drei Bauten neu formuliert. Dem Glocknerhaus (Fertigstellung 2000) folgten 2006 der Neubau des Gemeindezentrums sowie die Restaurierung des spätgotischen Widums, 2013 wurde das Veranstaltungszentrum eröffnet.

Der Neubau des Gemeindezentrums katapultierte die städtebauliche und baukulturelle Entwicklung der Gemeinde schlagartig ins Licht einer nationalen und internationalen Fachöffentlichkeit. Bedeutsame Auszeichnungen im Jahr 2007 waren die Folge, darunter der Otto Wagner Städtebaupreis, der Pianesi Award und der BTV Bauherrenpreis für Tirol in der Kategorie Öffentliches Bauwerk. Für ihr Engagement erhielt die Gemeinde Kals am Großglockner zudem den Landluft Baukulturgemeindepreis 2009.

Gemeindezentrum Haus "de calce" - Präzision im Detail

Wie beim Glocknerhaus nimmt die Architektur des multifunktionellen Gemeindezentrums den Dialog mit den topografischen Gegebenheiten und dem von der Pfarrkirche und dem spätgotischen Widum geprägten Ortsteil Ködnitz auf. Größe, Höhe und Gestaltung von Glocknerhaus und Mehrzweckgebäude korrespondieren miteinander und orientieren sich ganz an Widum und Pfarrkirche, diese werden nicht überragt und sind nach wie vor die dominanten Gebäude. Die Kirche bleibt sozusagen im Dorf.

Das viergeschossige Gemeindezentrum begrenzt den neu formierten Vorplatz im Nordwesten und richtet sich nach der Friedhofsmauer aus. In den beiden Untergeschoßen finden Feuerwehr, Bergrettung und Bergwacht ihr neues Zuhause. Das Erdgeschoß gehört der Gemeindeverwaltung, ein Stockwerk darüber sind Sitzungszimmer und Gemeindearchiv untergebracht. Die zweigeschossige Fahrzeughalle der Einsatzdienste liegt zur Gänze unter dem gepflasterten Vorplatz. Die Architektur des Zentrums setzt nach außen hin auf ein selbstbewusstes, klares Erscheinungsbild. Sie folgt damit dem Gestaltungsprinzip des benachbarten spätgotischen Widums, das gerade durch seine schlichte, aber im Detail präzise Bauweise besticht. Detailgenauigkeit und handwerkliche Präzision zeichnen auch das funktionale Raumprogramm aus.

 

Widum Kals – Renovierung eines spätgotischen Baujuwels

Das um 1480 von den Görzer Grafen errichtete Widum prägt als solitärer Baukörper von schnörkelloser Funktionalität den Kalser Ortskern.

Die behutsame, unter Berücksichtigung denkmalpflegerischer Auflagen erfolgte Restaurierung legt vor allem den spätgotischen Gebäudekern frei. Sie schafft im Erdgeschoss einen Ausstellungs- und Repräsentationsraum, in den Obergeschossen Platz für Pfarrverwaltung und Pfarrerwohnung.

 


Symbiose von Alt und Neu



Kulturhaus mit Johann Stüdl Saal

Um ihrem regen Vereins- und Kulturleben Raum zu geben, entschloss sich die Gemeinde Kals am Großglockner zum Neubau eines Veranstaltungszentrums, das durch eine Verbindung mit dem Gasthaus Ködnitzhof auch touristische Impulse setzen soll. Das neue Kulturhaus ist um ein Stockwerk niedriger als der Vorgängerbau, wodurch der benachbarte Bestand besser zur Geltung kommt: das spätgotische Widum und der Ködnitzhof, ein Beispiel solider alpiner Tourismusarchitektur der 1930er Jahre. Das steile Satteldach des Neubaus sowie dessen präzise gesetzte Tür- und Fensteröffnungen nehmen Bezug auf das Widum, ohne sich ihm anzubiedern.
Das Foyer des Kulturhauses liegt unter der Zugangsterrasse, darüber befinden sich der von der Straße aus barrierefrei begehbare Johann Stüdl Saal, die Praxisräume des Sprengelarztes sowie ein Tagesheimbereich (für Senioren und Pflegende). Der Veranstaltungssaal ist für über 300 Besucher ausgelegt, verfügt über einen erweiterbaren Bühnenbereich und kann durch eine mobile Trennwand unterteilt werden. Der Zugang zur Gaststube und den Zimmern des Ködnitzhofes erfolgt ebenfalls über die Terrasse. Im Dachraum verspricht ein neuer Wellnessbereich den Gästen des Ködnitzhofes Entspannung pur.

Neugestaltung Friedhof Kals

„Dieser Platz ist eine Schnittstelle zwischen Berg und Tal, Religion und Alpinismus, Leben und Tod, zwischen meist selbstgewähltem Abenteuer und unfreiwilligem Ende. Ein Ort der Trauer und der Mystik, ein Ort der Erinnerung und Bilder“, dieses Zitat stammt vom beliebten Altbischof Reinhold Stecher, er hat ihn für die Glocknergedächtnisstätte 2009 geschrieben. Diese Gedächtnisstätte wurde mit Unterstützung und Hilfe des ÖAV gestaltet.

Im Zuge der notwendigen Errichtung von Urnengräbern und Neubau der Aufbahrungskapelle wurde auch diese Gedächtnisstätte von 2008-2009 neu und in einer zeitgemäßen Form gestaltet. Der liebevoll und überaus gut gepflegte Friedhof mit seinen Einrichtungen wird von vielen Kals-Besuchern besichtigt.


Historische Bausubstanz

Die alten Holzhäuser sind ein Teil der Geschichte von Kals, sie prägen das Siedlungsbild und die Kulturlandschaft und vermitteln dem Ort eine angenehme und unverwechselbare Atmosphäre.

Auch Kals am Großlockner ist damit konfrontiert, dass mit dem Verlust alter Gebäude oder mit unsachgemäßen Umbauten ein Verlust an Charakter und Identität einhergeht. Die Idee für das Projekt „Historische Bausubstanz von Kalser Bauernhöfen“ entstand im Zuge der touristischen Begleitplanung, bei der das Ortsbild als wichtiges Potenzial ausgewiesen wurde.

Folgende Etappenziele konnten bis jetzt erreicht werden:

Umfassende Bestandsaufnahme der im Gemeindegebiet vorhandenen bäuerlichen Gebäude nach kunsthistorischen und architektonischen Gesichtspunkten.

Auswertung eines Kriterienkataloges und der Zustandsbeschreibungen

Altersbestimmung mit Hilfe der Dendrochronologie (Jahrringanalyse) mit jeweils mehreren Proben an insgesamt zehn Höfen bzw. Hofensembles. Dabei konnten für den untersuchten Bestand zwei Haupterrichtungsphasen nachgewiesen werden: die ersten Jahrzehnte nach 1500 sowie die Zeit zwischen dem Ende der 1840er Jahre und 1870.

Entwicklung eines Beratungsschecks für Besitzer historischer Bauten, die an ihrem Haus bauliche Maßnahmen vornehmen wollen. Mit dem Beratungsscheck soll erreicht werden, dass solche Maßnahmen fachmännisch und der traditionellen Bauweise entsprechend durchgeführt werden.

Abwicklung von Fällen, bei dem Förderungen zur Verfügung gestellt werden können und wo z.B. Balkone gemäß den für historische Kalser Bauten typischen Proportionen erneuert wurden.

Gespräche mit der Dorferneuerung des Landes Tirol, in denen die Möglichkeiten der Förderung für die historische Bausubstanz abgeklärt werden.

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